Und so ging es weiter - "Die Horror-Spinnen"

Bis zu meinem nächsten "Roman" vergingen fünf Jahre. Aber das Warten hatte sich gelohnt. Mit 'Michael Smith - Die Horror-Spinnen' konnte der "Geers-Verlag" schon das zweite Kunstwerk herausgeben. Ein 18seitiges auf Schreibmaschine getipptes Wunderwerk der Literatur. Und es sollte auch nur 2,50 DM kosten. Trotzdem war der Preis anscheinend noch zu hoch, denn es blieb ein Einzelstück. Auf der letzten Seite des Buches findet sich folgende Vorschau:

Lesen Sie auch den nächsten Roman aus dem Geers-Verlag !
JOE SCHAFFT SIE ALLE !
Eine komische Geschichte um einen Verlierer, der sich vor Gericht verantworten muss.

Zum Glück für die Menschheit hat es Joe trotz dieses bedeutungsschwangeren Titels nicht geschafft. Nicht einmal die erste Seite habe ich geschrieben. Schade eigentlich. Ich hätte den Verlierer gerne vor Gericht gesehen.

Aber nun zurück zu den Horror-Spinnen. Als ich meine Schränke auf der Suche nach Tilby, dem Gruselwesen durchsucht habe, ist mir diese Geschichte in die Hände gefallen. Ich hatte schon vergessen (oder verdrängt), dass es sie gab. Naja, nun können wir uns diesen literarischen Hochgenuss ja auch mal näher anschauen.

Der Buchdeckel sah schon wesentlich professioneller aus als bei Tilby. Das Buch hat DIN A4-Format. Die Titelleiste suggeriert, dass es sich wohl um den ersten Teil einer Serie handelt, in der immer wieder der Titelheld Michael Smith die Welt vor dem Untergang rettet. Aus mir unerklärlichen Gründen ist nie ein zweiter Teil erschienen. 



 Das Titelbild ist mit viel Liebe und originalgetreu gezeichnet. Interessant ist die Tatsache, dass die sechsbeinige (!) Spinne und die Wolke links oben beide schwarz sind. Das Unheil wird also auch durch ein aufziehendes Unwetter symbolisiert. Genial.

Auf diesem Cover erscheint das erste Mal das Logo des "Geers-Verlags". Auffallend ist die frappierende Ähnlichkeit mit dem Symbol eines Chemie-Konzerns aus Leverkusen, was aber sicher reiner Zufall ist. Ich kann es mir nicht anders vorstellen. Der "Geers-Verlag" ist übrigens nie wieder in Erscheinung getreten. Ich glaube der Verlag ging aufgrund der geringen Verkaufszahlen in die Insolvenz. Jetzt aber zum Inhalt – widmen wir uns endlich den 'Horror-Spinnen'.


Kurz zusammengefasst kann man sagen, dass ein wissenschaftliches Experiment an der Universität Sudbury / Canada gründlich in die Hose geht. An Spinnen soll ein neues Präparat getestet werden, das bei Lebewesen ein gesteigertes Wachstum bewirkt. Die Viecher werden riesig groß und laufen natürlich Amok. Wie das eben so ist. Aber schauen wir uns ein paar Details an.
  1. Erschrocken habe ich mich, als ich den Namen des Direktors der Universität las. Dieser Mann heißt Professor Lick. Hätte ich damals bessere Englisch-Kenntnisse gehabt, hätte ich wohl einen anderen Namen gewählt.
    Professor Lick wünscht den verantwortlichen Wissenschaftlern Dr. Brown und Dr. Harrisson vor der Pressekonferenz zur Präsentation des neuen Präparates viel Glück, und fügt an:

    >>"Wenn das Experiment misslingt, sind wir ganz schön blamiert. Es sind Journalisten aus ganz Amerika im Saal."<<

    Wem der geographische Fauxpas nicht aufgefallen ist, sollte seinen Weltatlas aus dem Bücherregal holen und noch einmal den vorletzten Absatz lesen.

  2. Schön, dass der Autor den geneigten Leser nicht mit wissenschaftlichen Details langweilt und gleichzeitig offen zugibt, dass er selbst nicht den Hauch eines Schimmers hat. So schreibt er auf Seite 2:

    >>"Ich, Professor Lick, [..] habe die Ehre Ihnen eine kleine Einführung in unseren Test zu geben." Nun folgte eine Rede mit Fachausdrücken, die wir lieber auslassen wollen, weil wir sie sowieso nicht verstehen würden.<<

  3. Trotz des jugendlichen Alters des Autors finden sich auch wirklich erstaunliche Passagen, die auch ganz sicher so beabsichtigt waren. Hier zunächst der Originaltext, der eine Radioansage beschreibt:

    >>"In der Universität von Sudbury [...] wird es [das Präparat] an Tieren getestet. Das waren die Nachrichten, es wird 22 Uhr. Hören Sie jetzt ein Konzert von Robert Wagner:"<<

    Sieht man mal davon ab, dass nicht der Schauspieler Robert sondern Richard Wagner Konzerte komponiert hat, ergibt sich hier ein unglaubliches Zusammenspiel zwischen Musik und der Geschichte. Denn während am Horizont schon die Katastrophe ihren Lauf nimmt, spielt das Radio Opern von Wagner, die oft düster sind und von einem finalen Kampf handeln, den man entweder gewinnt oder bedingungslos untergeht.

  4. Fast poetisch mutet die Beschreibung eines sterbenden Mannes an, der gerade von einer Spinne angefallen wurde:

    >>Er hörte gar nicht mehr auf zu schreien, weil unbeschreibliche Schmerzen seinen Körper durchströmten. Lange wurde er nicht gequält. Nach einer Minute griff der Sensenmann nach ihm.<<

  5. Schön ist auch die Bilanzierung zum Schluss, mit der auch ich diese Buchbesprechung beenden möchte:

    >>Wieder hatten wir einen Fall gelöst. Doch die Bilanz dieses Falles war schlimm: 27 Tote und eine Frau, die wahrscheinlich den Verstand verloren hat. Von den Sachschäden reden wir erst gar nicht. Wir konnten nur hoffen, dass unser nächster Fall weniger Opfer kosten wird...<<
Dem ist wohl nichts hinzufügen, oder?

Doch: Wer es noch nicht weiß:  13 Jahre später habe ich dann tatsächlich noch ein drittes Buch geschrieben. So ein richtig echtes, was jedermann tatsächlich bestellen kann.

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